Digitalisierung Made in China: Wie China mit KI und Co. Wirtschaft, Handel und Marketing transformiert

16.06.2021chinnect – strategy & education

Künstliche Intelligenz und die digitale Transformation gelten als DIE Schlüsselthemen des 21. Jahrhunderts. China ist auf gutem Weg, hier Weltmarktführer zu werden. Häufig wird die Entwicklung in China und deren Rolle in der europäischen Wirtschaft allerdings unterschätzt.

Mit dem Ziel, mehr Verständnis für die Digitalisierung „Made in China“ zu schaffen, werfen Alexandra Stefanov, Prof. Dr. Claudia Bünte und Till-Hendrik Schubert mit ihrem Buch „Digitalisierung Made in China: Wie China mit KI und Co. Wirtschaft, Marketing und Handel transformiert.“ ein Schlaglicht auf die aktuelle, rasante Entwicklung der Digitalisierung in China und analysieren, welche Implikationen dieser dynamische Fortschritt auch für ManagerInnen in Deutschland hat. Die AutorInnen lassen im Buch über 20 ExpertInnen aus den Bereichen Unternehmensberatung, PR- und Marketing, Start-up-Gründung, Innovationsforschung und Chinawissenschaften zu Wort kommen. Diese beleuchten die Wirtschaftsthemen und Best Practices aus ihrer Chinaperspektive und geben Hinweise dazu, was die Transformation in China auch für die europäische Wirtschaft bedeuten kann. So spricht auch Stefanie Liliane Meyer, Gründungsmitglied des China Business Network Duisburg (CBND), als Innovationsmanagerin und interkulturelle Trainerin über Kreativität und Innovationen in China, die chinesische Mentalität und die Entwicklung der chinesischen Digitalwelt.

Aber was macht laut dem Buch von Alexandra Stefanov, Prof. Dr. Claudia Bünte und Till-Hendrik Schubert diese Digitalisierung „Made in China“ genau aus?

1. China hat gute Chancen, bis 2030 weltführend bei KI zu werden

China wird aller Voraussicht nach bei KI und der Digitalisierung weltführend werden. Dafür gibt es drei Gründe:

Erstens: Viele Einwohner, viele Daten

China hat mit 1,4 Mrd. Einwohnern die größte Bevölkerung der Welt. Fast eine Milliarde Menschen sind mobile only unterwegs, das heißt, sie sind online und das mit dem Smartphone. Daraus entsteht eine sehr große Menge an unstrukturierter Nutzungsdaten, die neue Erkenntnisse über Bedürfnisse des Alltags für Händler und Hersteller bringen können, wenn man sie richtig analysiert.

Zweitens: Ein Datenschutz, der das verknüpfte Analysieren von Daten erlaubt

China hat ein Datenschutzgesetz, das es stärker als in Europa und in den USA erlaubt, Daten verknüpft zu analysieren. Vereinfacht ausgedrückt schützen Europa und die USA die persönlichen Daten ihrer BürgerInnen vor einer ungewollten Datennutzung durch Firmen und den Staat. In China werden die Daten der BürgerInnen hauptsächlich vor anderen Staaten geschützt. NutzerInnen stimmen nur einmal einer Nutzung ihrer Daten durch eine Firma zu und diese Firma darf dann relativ breit und verknüpft diese Daten analysieren. Kombiniert mit KI entstehen dadurch tiefere Insights zu Kundenwünschen als in anderen Staaten. Zwar verschärft China gerade seit 01.01.2021 den Schutz der persönlichen Daten und im Laufe des Jahres kommen aller Voraussicht nach noch zwei weitere Datenschutzgesetze hinzu, dennoch bleiben die Analysemöglichkeiten für chinesische Firmen größer als die anderer Firmen.

Drittens: Ein klarer Fokus der Regierung auf die Entwicklung von KI

Die Einparteienregierung in China hat einen eigenen 5-Jahres-Plan für KI entwickelt. Das erklärte Ziel: China will bis 2030 weltführend bei KI sein. Bestandteil dieser Strategie sind viele, sehr detaillierte Maßnahmen. Und: China gibt zwar in etwa so viel Geld für die Grundlagenforschung von KI pro BürgerIn und Jahr aus wie Deutschland – aber Chinas Gesamtbevölkerung ist rund 17-mal größer als die Bevölkerung Deutschlands.

2. Plattform-Ökosysteme und Super-Apps sind die Motoren der Entwicklung

In einigen Branchen in China kann man den Mehrwert der fortgeschrittenen Digitalisierung und KI bereits ablesen. Vor allem in Handel, Finanzdienstleistungen, FMCG und Medienangebote sowie im Reisemarkt wird dies sichtbar. Besonders in den vier erstgenannten Bereichen in China fällt auf, dass hier Angebote bereits in gemeinsame Plattformen zusammenwachsen, die Anbieter also bemüht sind, ihre Leistungen zu kombinieren, um mehr Daten auf der einen Seite und eine integrierte KonsumentInnenerfahrung auf der anderen Seite zu generieren. Hier entstehen sogenannte Plattform-Ökosysteme, wie z.B. WeChat oder Alibaba, die sich deutlich von westlichen Plattformen unterscheiden. Der Vorteil der Plattform-Ökosysteme: Die Anbieter kennen nahtlos die gesamte Customer Journey ihrer NutzerInnen. Ohne Brüche von der Empfehlung, über die Suche bis hin zum digitalen Bezahlen. Dadurch können Firmen auf diesen Plattformen ihre NutzerInnen exzellent verstehen und sehr passgenaue Angebote machen.

3. In China entstehen ein New Retail und ein New Marketing

Angestoßen durch die Digitalisierungsmöglichkeiten entwickeln sich gerade Industrien und Disziplinen weiter.

Beispiel Handel: Hier entsteht gerade aus dem „normalen“ Handel ein sogenannter New Retail, also ein digitalisiertes Frontend und zunehmend auch eine digitale Wertschöpfungskette. Für KundInnen bedeutet das ein bequemeres und interessanteres Einkaufen und die Grenzen zwischen Online- und Offline-Shopping verschwimmen. KundInnen kaufen auch im Geschäft mit dem Smartphone ein – oder sind beim Onlineshoppen in einer 3-D-Welt. HändlerInnen können so effektiver und effizienter verkaufen, u.a. weil der Warenbedarf viel besser vorhergesagt und automatisch bestellt werden kann. Sowohl out-of-stock-Situationen als auch verderbende Waren aufgrund von geringeren Verkäufen als prognostiziert können so vermieden werden.

Beispiel New Marketing: Marketing geht immer als erstes vom KundInnenwunsch aus. Wer KundInnen besser versteht als der Wettbewerb, hat einen Vorteil. Plattform-Ökosysteme bieten die Möglichkeit, NutzerInnen tief und vor allem nahtlos über die gesamte Customer Journey zu begleiten und so über Wünsche und Bedürfnisse mittels KI zu lernen. Das ist neu. Auch neu ist, dass diese Analysen in Echtzeit erfolgen. Damit ändern sich zwei substantielle Dinge: Zum einen ändert sich die Geschwindigkeit, in der MarketingmanagerInnen agieren (müssen) – ein Marketing in Echtzeit entsteht. Zum anderen werden KundInnen anspruchvoller. Sie gewöhnen sich zunehmend an das nahezu perfekte Angebot – wann sie es wollen, wie sie es wollen, zu einem Preis, der zu ihnen passt. Wer auf diesen neuen KundInnenanspruch nicht rechtzeitig, d.h. in Minuten, nicht Tagen, reagiert, verliert. Marketing in Echtzeit ist das „new“ in New Marketing.

Sie möchten mehr über die Digitalisierung Made in China wissen?

Am 01.07.2021 um 18:00 Uhr veranstalten die vier Konfuzius-Institute aus Nordrhein-Westfalen zu diesem Thema eine Podiumsdiskussion mit Alexandra Stefanov, Prof. Dr. Claudia Bünte und Dr. Peter Petermann.

Bibliografische Angaben:

Digitalisierung Made in China. Wie China mit KI und Co. Wirtschaft, Marketing und Handel transformiert.

Alexandra Stefanov, Claudia Bünte, Till-Hendrik Schubert

Books on Demand, März 2021, 238 Seiten, 24 Illustrationen

Hardcover ISBN: 978-3-753-40579-7, Preis: 19,99 Euro

eBook ISBN: 978-3-753-45157-2, Preis: 9,99 Euro

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